Vertragsstrafen und Verzugszinsen in Transfervereinbarungen

Content: Bühlmann Rechtsanwälte AG

In einem neueren Entscheid bestätigte das Schweizerische Bundesgericht, dass die in Transfervereinbarung vorgesehenen Vertragsstrafen und Verzugszinsen bei Zahlungsverzug keine Verletzung von Schweizer Recht darstellen (BGer-Urteil 4A_536/2016 und 4A_540/2016 vom 26.10.2016).

Die Transfervereinbarung zwischen Dynamo Kiew und Atlético Mineiro
Am 20. April 2012 schlossen die Fussballvereine Dynamo Kiew (Ukraine) und Atlético Mineiro (Brasilien) eine Vereinbarung über den Transfer von André Felipe Ribeiro de Souza zu Atlético Mineiro für 5'800'000 Euro. Diese Transfersumme sollte in sechs Raten abbezahlt werden, die erste Rate von 2'300'000 Euro bis 1. Juli 2012, gefolgt von vier Raten à 760'000 Euro und einer letzten Rate von 460'000 Euro. Für den Fall, dass eine Rate verspätet oder nicht in der vereinbarten Höhe geleistet würde, verpflichtete sich Atlético Mineiro einerseits zur Leistung einer zusätzlichen Vertragsstrafe im Umfang von 10% des unbezahlt gebliebenen Betrags. Andererseits sollte der brasilianische Verein einen Verzugszins von 1% pro Monat auf den geschuldeten Betrag leisten.

Klage wegen ausbleibender Zahlungen
Nachdem Altético Mineiro die erste Rate in der Höhe von 2‘300‘000 Euro fristgerecht bezahlt hatte, unterblieben weitere Zahlungen an Dynamo Kiew. Diese wiederum klagte beim Einzelrichter der FIFA Kommission für den Status von Spielern auf Einhaltung der Transfervereinbarung und Leistung sowohl der Transfersumme als auch der Vertragsstrafe und Verzugszinsen. Der Einzelrichter der FIFA Kommission hiess die Klage des ukrainischen Vereins in insgesamt vier Entscheiden gut.

Während Atlético Mineiro gegen den ersten Entscheid des Einzelrichters vom 15. Januar 2014 kein Rechtsmittel einlegte, reichte er gegen die weiteren drei Entscheide des Einzelrichters der FIFA Kommission Berufung beim Internationalen Sportgerichtshof (Court of Arbitration for Sport, „CAS“) in Lausanne ein. In seinen Urteilen vom 9. November 2015 (CAS 2015/A/3909) und 13. Juli 2016 (CAS 2015/A/4121 sowie CAS 2016/A/4435) bestätigte der CAS die Entscheide des Einzelrichters. Die von Altético Mineiro gegen die CAS-Urteile vom 13. Juli 2016 erhobene Beschwerde in Zivilsachen wies das Schweizerische Bundesgericht mit Urteil vom 26. Oktober 2016 (4A_536/2016 und 4A_540/2016) ab.

Beschwerdeargumente von Atlético Mineiro
Im Verfahren vor dem Bundesgericht behauptete Atlético Mineiro, das anwendbare Schweizer Recht setze mit Art. 20, 21 und 163 Obligationenrecht sowie mit Art. 157 Strafgesetzbuch eine Obergrenze hinsichtlich der Höhe von Vertragsstrafen und Verzugszinsen fest, die nicht überschritten werden dürfe. Im vorliegenden Fall sei diese Obergrenze deutlich überschritten worden. Gerade die Kombination von Vertragsstrafen und Verzugszinsen, wie in der Transfervereinbarung vom 20. April 2012 festgelegt worden sei, führe zu Schadenersatzleistungen, die über den tatsächlichen Schaden hinausgehen würden (sog. „punitive damages“) und deshalb nicht mit dem materiellen Ordre public vereinbar seien. Die exzessiven Vertragsstrafen und Verzugszinsen seien deshalb entsprechend herabzusetzen.

Argumentation des Bundesgerichts
In seinem Urteil vom 26. Oktober 2016 führte das Bundesgericht aus, dass ein Schiedsspruch (z.B. ein Urteil des CAS) nur dann gegen den materiellen Ordre public verstösst, wenn er grundlegende Rechtsprinzipien verletzt und nicht mit dem Rechts- und Wertesystem im Einklang steht. Im vorliegenden Fall waren die Fussballvereine in der Vertragsgestaltung grundsätzlich frei gewesen und sie konnten insbesondere die Zahlungsmodalitäten in der Transfervereinbarung festlegen. Bezüglich der Vertragsstrafe wies es auf ein früheres Bundesgerichtsurteil hin, in welchem eine Vertragsstrafe von 10% auf den gesamten Verkaufspreis nicht als übermässig qualifiziert wurde (BGE 133 III 201, E. 5.5). Das Bundesgericht erklärte des Weiteren, dass Art. 104 Abs. 2 Obligationenrecht den Parteien die Möglichkeit einräume, einen individuellen Verzugszins von mehr als 5% pro Jahr zu vereinbaren. Ein Verzugszins von 12% - wie die Fussballvereine hier vereinbarten - stehe nicht im Widerspruch zur genannten gesetzlichen Bestimmmung. Damit bestätigte das Bundesgericht auch die Rechtsprechung des CAS, welcher in seinem Urteil vom 9. November 2015 (CAS 2015/A/3909) festhielt, dass ein Verzugszins von 17% pro Jahr die Obergrenze darstelle, ohne Schweizer Recht zu verletzen.

Das Bundesgericht sah vorliegend auch keine unzulässige Beschränkung der wirtschaftlichen Handlungsfreiheit im Sinne von Art. 27 Abs. 2 ZGB. Eine solche liege erst dann vor, wenn sie den Verpflichteten der Willkür seines Vertragspartners ausliefere, ihn der wirtschaftlichen Handlungsfreiheit beraube oder diese dermassen einschränke, dass die Grundlage seiner wirtschaftlichen Existenz gefährdet sei (BGE 123 III 337, E. 5). Dies sei hier nicht der Fall gewesen, zumal die Vertragsstrafe sowie die Verzugszinsen bei nicht gehöriger Vertragserfüllung von Atlético Mineiro akzeptiert wurden. Es sei deshalb verfehlt, im vorliegenden Fall eine Parallele zu „punitive damages“ zu ziehen. Im Ergebnis verneinte das Schweizer Bundesgericht eine Verletzung des Schweizer Rechts.

Weitere Informationen zu diesem Fall und anderen interessanten Beiträgen zum Sportrecht finden sich auf der Webseite von Bühlmann Rechtsanwälte AG, www.br-legal.ch.